Visualisieren von Gefügestrukturen mit FIB

Visualisieren von Gefügestrukturen mit FIB

Das Gefüge vieler Bauteile weicht im oberflächennahen Bereich von der Struktur in der Tiefe ab. Dies ist der Fall z. B. bei Metallen durch Wärmebehandlung, Härtung oder mechanische Bearbeitung. Gerade die Struktur an der Oberfläche ist aber maßgeblich verantwortlich für viele Eigenschaften eines Bauteils, deren Visualisierung und Vermessung kann daher viel zum Verständnis der Bauteileigenschaften beitragen. Das gleiche gilt auch für Beschichtungen auf Oberflächen.

Eine Beurteilung der Kornstruktur an metallografischen Schliffen ist aber problematisch, gerade im oberflächennahen Bereich werden Artefakte erzeugt durch Kantenverrundung und mechanische Schädigungen durch den Schleif- und Polierprozess. Hier kann durch eine lokale Querschnittspräparation im FIB (Focused Ion Beam) mit einer FIB-Abbildung (Abrasterung der Probe mit beschleunigten Ga-Ionen, ioneninduzierte Sekundärelektronenbilder) Abhilfe geschaffen werden: Mit einem fokussierten Ionenstrahl wird ein kleiner Querschnitt in die Probenoberfläche geschnitten und auch poliert. Artefakte, wie oben beschrieben, lassen sich dabei vermeiden. Die Schnittbreite liegt im Mikrometer bis 100-Mikrometer-Bereich. Anschließend wird die Schnittfläche abgebildet, hier bietet die FIB-Abbildung ganz spezifische Vorteile: Die Intensität der Sekundärelektronen, die beim Auftreffen der beschleunigten Ga-Ionen erzeugt werden, hängt hauptsächlich von der Kornorientierung ab (sog. Channeling-Kontrast). Unterschiedlich orientierte Körner bekommen im Bild eine unterschiedliche Helligkeit, die Kornstruktur der Probe wird deutlich sichtbar.

Beispie 1: Stahl, mechanisch bearbeitet

im nebenstehenden Bild ist ein perlitisches Gefüge zu sehen. Nahe der Oberfläche ist eine Kornfeinung und eine Änderung der kristallografischen Orientierung über die Kontrastgebung erkennbar. Beides wurde verursacht durch eine mechanische Bearbeitung der Oberfläche. Die Tiefe der mechanischen Schädigung kann direkt abgelesen und gemessen werden, bei unterschiedlichen Proben können die Parameter der Bearbeitung vergleichend beurteilt werden.

Querschnitt einer mechanisch belasteten Stahlprobe, FIB-Bild

Beispiel 2: Kupfer, mit Zinn beschichtet und getempert

Das System Kupfer-Zinn findet vornehmlich Verwendung im Bereich elektrischer Kontakte und Lötverbindungen. Kupfer und Zinn können unterschiedliche intermetallische Phasen bilden, die beim Altern entstehen. Unter dem Einfluss erhöhter Temperatur kann das Altern beschleunigt werden.

Die intermetallischen Phasen haben stark abweichende Eigenschaften verglichen mit den Ausgangsmaterialien und beeinflussen stark das Verhalten des Bauteils, etwa in Bezug auf mechanische Eigenschaften oder Lötbarkeit.

Das hier gezeigte Beispiel zeigt mit Zinn beschichtete Kupferbauteile nach verschieden langen Temperzeiten. In den nebenstehenden Bildern kann deutlich zwischen Kupfer, zwei unterschiedlichen intermetallischen Phasen und reinem Zinn unterschieden werden.

Bei längerem Tempern wird die Zinnschicht verbraucht zugunsten der intermetallischen Cu–Sn–Phasen, außerdem wächst die kupferreichere Cu3Sn-Phase auf Kosten der Cu6Sn5-Phase.

Sn-Schicht auf Cu, nach Tempern

Abbildungen im Detail